Ich habe gerade mein Masterstudium in Germanistik (Sprachwissenschaft) begonnen. Ich bin auf der Suche nach verschiedenen Themen für meine Masterarbeit und bin dabei auf das Türkendeutsch gestoßen. Ich möchte Ihnen in diesem Artikel meine ersten Lesungen vorstellen.

 

Eine Definition des Türkendeutschen

Die deutsche Sprache verändert sich ständig. In Deutschland hat die Migration eine wichtige Rolle gespielt. Tatsächlich hat das interkulturelle Zusammenleben zwischen Deutschen und Türken einen neuen Sprechstil des Deutschen herausgebildet, der Türkendeutsch, das auch Deutschtürkisch, Kanakisch, Kanak-Sprak, Lan-Sprach oder Ghettosprache genannt wird (Vgl. Tekin, Colliander 2010: 50). Diese Sprache gehört zu der gesprochenen wie auch geschriebenen Umgangssprache (Vgl. Bahlo et al. 2019: 136).

Dieser spezifische Gebrauch der deutschen Sprache wurde von der zweiten und dritten Generation türkischer Immigranten eingeführt und „ist der sprachliche Marker ihrer Identität“ (Deppermann 2007: 45). Tatsächlich wird Türkendeutsch unter einigen Jugendlichen türkischer Herkunft gesprochen und es erlaubt ihnen, eine doppelte Identität zu bilden, was Bhabha (1994) als Hybridität bezeichnet: Die türkische Jugend ist nicht vollständig türkisch und nicht vollständig deutsch. Sie grenzt sich von der Aufnahmegesellschaft und auch von der Elternkultur ab (Vgl. Deppermann 2007: 44).

 

Die Charakteristiken des Türkendeustchen

Tekin und Colliander (2010: 50-55) veranschaulichen die wichtigsten Formen des Türkendeutschen:

  • Das Türkendeutsche ist eine Mischsprache zwischen dem Deutschen und Türkischen und man spricht daher von Code-Switching: „Gökhan, Serhat und Nuri sind zweisprachig, […]. Die drei Frankfurter Schüler, als Kinder türkischer Eltern in Deutschland geboren, sprechen fliessend Deutsch und Türkisch. Manchmal wird aus den beiden Sprachen auch eine dritte, ein Sprachenmix“ (Tok 2014: 1): « Hast du ateş» (Hast du Feuer?).
  • Lexikalische Merkmale:
    1. Neue Wörter, wie lan « Mann », moruk « Alter », valla « echt », isch « ich »
  • Morphosyntaktische Merkmale:
    1. Ausfall des Artikels: has du problem?
    2. Ausfall der Präposition: isch geh Arbeit
    3. Falscher Stamm: verstehs du?
    4. Falscher Kasus: isch lieb ihm
  • Außer diesen verschiedenen Aspekten gibt es auch phonetisch-phonologische Merkmale, die hier nicht erwähnt werden.

 

Die Ausbreitung des Türkendeutsch

Das Türkendeutsch wird heute in der deutschen Gesellschaft popularisiert. In der Einleitung wurde das Türkendeutsch als türkische Jugendsprache definiert, aber Tekin und Colliander (Vgl. 2010: 52) bemerken, dass dieser Sprechstil heute bei den deutschen Jugendlichen ausgenutzt wird und er erscheint auch in den Medien wie im Kino und in der Literatur. Die beiden Autoren (Vgl. 2010: 58) fragen sich, ob es einen negativen Einfluss auf das Standarddeutsch verursacht.

Das Türkendeutsch ist ein Kommunikationsmittel für junge Menschen, die auch andere Sprechweisen als Jargon haben, die keinen Einfluss auf das Standarddeutsch gehabt haben. Darum denke ich, dass mit der Zeit einige dieser Wörter lexikalisiert werden. Sie sollten als eine Bereicherung der Sprache angesehen werden und nicht als ein geläufiges Wort, das ein Standardwort ersetzen wird.

 

Ich habe auch an ein anderes Thema für meine Masterarbeit gedacht: die Mundarten von Liechtenstein. Vielleicht für einen anderen Artikel 😉

 

David

 

Quellen

Bhabha, Homi (1994): The Location of Culture. London: Routledge.

Bahlo, Nils et al. (2019): Jugendsprache. Eine Einführung. Berlin: J.B. Metzler.

Deppermann, Arnulf (2007): Stilisiertes Türkendeutsch in Gesprächen deutscher Jugendlicher. Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 148.

Tekin, Özlem/Colliander, Peter (2010): Das Türkendeutsch. Phonetische Charakteristika und die Auswirkungen auf das Deutsche. Zeitschrift für interkulturelle Germanistik 1 (2).

Tok, Nuran (2014): Das Sprachphänomen Türkendeutsch. Hamburg: Diplomica Verlag.