Liechtenstein ist der viertkleinste Staat Europas. Dieses Land besteht aus 38’000 Einwohnern auf einer Fläche von 160km2. Ich wollte schon immer mal dieses atypische Land besuchen, das zwischen der Schweiz und Österreich liegt. Im Januar 2020 lud mich Josiane, meine beste Freundin, zwei Tage zu meinem Geburtstag nach Vaduz ein. Ich erinnere mich sehr gut an den Moment, als wir im Zentrum von Vaduz ankamen. Es war wunderschön. Es war wie in einem Werbekatalog: alles war idyllisch, wie die folgenden Bilder anzeigt:

 

 

Wir haben im Hotel Schlosswald in Triesen übernachtet. Wir haben einen Aperitif an der Bar genommen und mit dem Oberkellner über die Geschichte und Geographie von Liechtenstein diskutiert. Ich war sofort überrascht von seiner Art zu sprechen, als ich ihn fragte, wo die Toiletten seien: «es ischt homma » [es ist heroben]. so begann ich mich für die Sprachen von Liechtenstein zu interessieren.

 

Der Artikel 6 der liechtensteinischen Verfassung besagt, dass Standarddeutsch die Landes- und Amtssprache ist. Es gibt dazu verschiedene alemannische Mundarten. Tatsächlich wurde Liechtenstein in der Römerzeit romanisiert, aber im 13. Jahrhundert haben hoch- und höchstalemannische Dialekte die Sprachlandschaft geprägt. So klein Liechtenstein ist, so viele Sprachen hat dieses Land: das Wort Handschuhe kann z.B. Finka, Tasi, Tappa und Pootscha ausgesprochen werden (http://www.liechtenstein.li/eigenheiten/). Die alemannischen Dialekte von Liechtenstein können in zwei Kategorien gegliedert werden, die sich geographisch an dem Scheidgraben übersetzen lassen. Das Oberländische hat Lauterscheinungen, die noch althochdeutsch sind. Die Lauterscheinungen des Unterländischen gehört dem alemannischen Oberdeutsch an (https://www.liechtenstein.li/sprachen/):

  • das Unterländische im Norden: Ruggell, Schellenberg, Gamprin, Eschen, Mauren.
  • das Oberländische im Süden: Planken, Schaan, Vaduz, Triesen, Balzers.

 

In den 90er Jahren erklärte Frick (1990), dass die liechtensteinischen Mundarten drohten zu verschwinden. Wie kann man das erklären? Die Bevölkerung von Liechtenstein bestand nicht mehr hauptsächlich aus Bauern, sondern aus Leuten, die im Industrie- und Wirtschaftssektor arbeiteten. Diese gesellschaftliche Entwicklung führte zu einem Sprachwechsel, bei dem häufiger die Standardsprache verwendet wurde.

 

Die liechtensteinischen Mundarten charakterisieren die Kultur dieses Landes und ihre Sprecher sollen auf sie stolz sein. Sie müssen daher einen wichtigeren Platz wiederfinden: der Dialekt sollte die Sprache sein, die im täglichen Leben in informellen Situationen verwendet wird. Im Gegenteil muss die Standardsprache die formale Sprache bleiben. Hier kann das Konzept der Diglossia von Ferguson (1959) erwähnt werden: Vorkommen von zwei Sprachen in einem bestimmten Gebiet.

 

Liechstenstein hat auch die europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ratifiziert, um seine Dialekte zu bewahren. Das Ziel dieser Charta ist eigentlich, den schriftlichen und mündlichen Gebrauch von Dialekten zu fördern. Dies konnte eine Strategie sein, um die Verwendung des liechtensteinischen Dialekts zu bewerben. Tatsächlich in 2015 haben >70% der Befragten den liechtensteinischen Dialekt als ihre Heimatsprache angegeben (https://www.llv.li/files/as/volkszaehlung2015-band1.pdf). Es bedeutet, dass die Bevölkerung von Liechstenstein nun wieder ihre Dialekte verwendet.

 

Interessanterweise bildet die deutschsprachige Schweiz eine Ausnahme. In der Tat ist der alemannische Dialekt der Schweiz die einzige Mundart, die in keiner Weise gefährdet wird. Das Schweizerdeutsch repräsentiert die nationale Identität. Diese Varietät ist sowohl formell als auch informell und mittlerweile sowohl schriftlich als auch mündlich verwendet. Zwar war das Feld des Schreibens bisher der Standardsprache vorbehalten, aber mit den sozialen Netzwerken wird der Dialekt heute auch genützt.

 

Ich empfehle allen Lesern dieses Artikels, diesen schönen Ort in Liechtenstein zu besuchen. Es gibt viele Aktivitäten und viele schöne Spaziergänge zu machen.

 

Literaturverzeichnis

Frick, A. (1990): Die Mundarten von Liechstenstein. Vaduz: Selbstverlag der Liechtensteinischen Mundartstiftung.